Disziplinen


GEOLOGIE


– FOSSILIEN

Der Kalkstein des Triester Karstplateaus formierten sich vor zirka 120 bis 40 Millionen Jahren auf dem Meeresgrund eines antiken warmen und flachem Meeres. Der marine Ursprung der Sedimente aus dem sich dieses Gestein zusammensetzte wird eindeutig durch die ihm konservierten Fossilien belegt: Am häufigsten finden wir die sogenannten „Rudisten“, einer Art Muschel die zusammen mit den Dinosauriern am Ende der Kreidezeit ausstarb (vor ca. 65 millionen Jahren). In den Vitrinen des Museums finden wir vor allem Fossilienfunde aus der Provinz von Trieste, unter ihnen versteinerte Fische aus Trebiciano (Turonium/Campanium, 90-75 mya), sowie eine Schnecke der Spezies Plesioptygmatis und eine weitere Muschel der Spezies Neithea, beide aus der Region Monrupino (Albium/Cenomanium, 110-90 mya).

Ittiolite, pesce (Turoniano Campaniano, 90-75 mln), provenienza Trebiciano

Ittiolite, pesce (Turoniano Campaniano, 90-75 mln), provenienza Trebiciano

Plesioptygmatis sp., mollusco gasteropode (Albiano Cenomaniano, 110-90 mln), provenienza Monrupino

Plesioptygmatis sp., mollusco gasteropode (Albiano Cenomaniano, 110-90 mln), provenienza Monrupino

Pisoliti (Quaternario), provenienza Carso triestino

Pisoliti (Quaternario), provenienza Carso triestino

Neithea sp., mollusco bivalve (Albiano Cenomaniano, 110-90 mln), provenienza Monrupino

Neithea sp., mollusco bivalve (Albiano Cenomaniano, 110-90 mln), provenienza Monrupino

Stomatopsis sp., mollusco gasteropode (Daniano, 66-60 mln), provenienza Banne

Stomatopsis sp., mollusco gasteropode (Daniano, 66-60 mln), provenienza Banne


– MINERALIEN UND TROPFSTEINE

In der Ausstellung sehen wir Beispiele der häufigsten Arten von Tropfsteinformationen, die die unterirdischen Zonen und Grotten des Triester Karsts charakterisieren. Unter ihnen finden wir zum Beispiel Pisoide oder „Höhlenperlen“, sphärische oder elliptische Gesteinsperlen, die aus der Ablagerung von mehreren Schichten Kalzits entstehen. Wie die Kalzit Ablagerung schichtenweise vorangeht, können wir des Weiteren am Querschnitt eines großen Stalagmits von 140cm Höhe begutachten, angefangen von den allerersten Ablagerungen von vor 55.000 Jahren. Ebenfalls in den Vitrinen zu besichtigen sind schöne Kristalle aus Kalzit, ein Mineral, das sich in Grotten durch das Absetzen von Kalziumkarbonat bildet.

Stalattiti a vela (Quaternario), provenienza Carso triestino

Stalattiti a vela (Quaternario), provenienza Carso triestino

Calcite (Quaternario), provenienza Carso triestino

Calcite (Quaternario), provenienza Carso triestino


SPELÄOLOGIE


– PIONIERE IN DER UNTERWELT

Die Disziplin der modernen Speläologie wurde im 19. Jahrhunderten dank dem Wagemut und Neugier der ersten Pioniere geboren. Schlecht ausgerüstet und den zahlreichen Gefahren der Welt unter Tage ausgesetzt, waren sie die ersten die sich in die Abgründe des Karstes vorwagten. Unsere Ausstellung schildert diese Geschichte anhand von Materialien und Ausrüstungsgegenständen, von den Anfängen der Disziplin bis heute.

– LINDNER UND DER ABGRUND VON TREBICIANO

Ein zweifelloser Protagonist der frühen modernen Speläologie war der Österreicher Anton Friedrich Lindner. Ingenieur von Beruf, versuchte er in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein Problem zu lösen dass die Stadt Trieste damals beschäftigte: Das Fehlen von Trinkwasser. Lindner spekulierte dass man das Wasser des Untergrundflusses Timavo im Triester Karst ausfindig machen könnte und bemühte sich darum, seinen Plan in die Tat umzusetzen: Nach zahllosen wagemutigen Abstiegen in die tiefsten Höhlen des Karstes fand er den Fluss endlich auf dem Boden des 320 Meter tiefen Abgrunds von Trebiciano, allerdings stellte sich heraus dass das Wasser zu tief war um es mit den damaligen Mitteln heraufzubringen, und so scheiterte das ambitiöse Projekt. In der Ausstellung der Grotta Gigante finden sie auch ein Modell des Abgrunds von Trebiciano sowie ein Teil der ersten, dort installierten Holzleiter (heutzutage durch einen Klettersteig ersetzt).

– AUSRÜSTUNG AUS DEM „RECYCLING„

„Not macht erfinderisch“ lautete wohl das Motto der Speläologen des 19. Jahrhunderts. Dadurch dass Ausrüstung teuer und die Mittel oft sehr knapp waren begnügten sich die ersten Höhlenforscher mit wiederverwendeten Materialien und kreativen Lösungen. So können wir in den Vitrinen alte italienische Militärhelme finden die mit Kerzenhaltern zum Speläologen Helm umfunktioniert wurden, andere die wiederum mit Fahrradlichtern ausgestattet sind und viel andere „hausgemachte“ Ausrüstung.


PALÄONTOLOGIE


– DAS PLEISTOZÄN AUF DEM KARST

Die quartäre Großfauna hat auf dem Triester Karst viele Spuren hinterlassen, diese erlauben es, viele verschiedene Tierarten zu entziffern. Die Ausstellung enthält deswegen Knochenfunde von Arten wie Ursus Spelaeus (Höhlenbär), Panthera Spelaea (Höhlenlöwe), Megaloceros sp. (Riesenhirsch), Palaeoloxodon antiquus (Europäischer Waldelefant), Hippopotamus sp. (Nilpferd), Cervus elaphus (Rothirsch), Stephanorinus cf. Hundsheimensis (Steppennashorn), Bison priscus (Steppenbison), Equus cf. ferus (Wildpferd), und Pachycrocuta brevirostris (Hyäne). Eine der am weitverbreitetsten Vertreter dieser Arten auf dem Karst war der Höhlenbär, ein Sohlengänger, der während des Pleistozäns in ganz Europa beheimatet war. Die Funde aus den Vitrinen kommen aus einigen der wichtigsten Pleistozän-Fundstellen auf dem Triester Karst wie zum Besispiel die Knochen-breccia von Slivia, die Grotta del Bue und die Piccola Pokala, während das Bärskelett am Eingang ursprünglich aus dem Ural stammt.

Pachycrocuta brevisrostris, mandibola (Iena della Caverne, Pleistocene, 2 mln – 800.000 anni fa), provenienza Breccia Ossifera di Slivia

Pachycrocuta brevisrostris, mandibola (Iena della Caverne, Pleistocene, 2 mln – 800.000 anni fa), provenienza Breccia Ossifera di Slivia

Megaloceros sp., denti (Grande Daino, Pleistocene, 300.000 – 10.000 anni fa), provenienza Breccia di Bristie

Megaloceros sp., denti (Grande Daino, Pleistocene, 300.000 – 10.000 anni fa), provenienza Breccia di Bristie

Stephanorinus cf. hundsheimensis, denti (Rinoceronte, Pleistocene, 1.5 mln – 500.000 anni fa), provenienza Breccia Ossifera di Slivia

Stephanorinus cf. hundsheimensis, denti (Rinoceronte, Pleistocene, 1.5 mln – 500.000 anni fa), provenienza Breccia Ossifera di Slivia

Ursus Spelaeus, dente canino (Orso delle Caverne, Pleistoccene, 300.000 – 12.000 anni fa), provenienza Grotta Pocala

Ursus Spelaeus, dente canino (Orso delle Caverne, Pleistoccene, 300.000 – 12.000 anni fa), provenienza Grotta Pocala


– GIGANTEN DER GROTTEN

Es gab wohl einmal viele dieser Höhlenbären, die auf dem Triester Karst vor zwischen 600.000 und 30.000 Jahren umherstreiften. Sie hatten etwa die gleiche Größe wie die heutigen Bären (und waren manchmal sogar noch größer) und zeichneten sich durch Mahlzähne und starke Kaumuskel aus, was auf eine überwiegend vegetarische Lebensweise schließen lässt. Den Winter verbrachten sie in den Grotten und Höhlen des Karstes in tiefem Winterschlaf: So kam es auch dazu, dass man viele Überreste in diesen Höhlen gefunden hat, wohl dadurch dass es den Bären im Sommer nicht gelungen war genügend Reserven anzufressen. Solche Funde stammen unter anderen aus den Höhlen Grotta dell’Orso, Grotta Pocala, Piccola Pocala, Grotta dell’Alce, Grotta Cosmini, Grotta Gigante, Grotta degli Orsi und Steinbruch von Sistiana. Das Aussterben des Höhlenbärs ist warscheinlich auf Klimaverschlechterung während der letzten Eiszeit zurückzuführen.

ARCHÄOLOGIE


– STEINERNE WERKZEUGE

Der Anfang der Menschheit, dass Paläolithikum, zeichnet sich durch den Gebrauch von ausschließlich steinernen Werkzeugen aus. Einige wenige Fundstücke aus Triester Karsthöhlen belegen wohl dass diese Zonen wohl sporadisch während Jagdexpeditionen aufgesucht wurden. In der Ausstellung finden wir einige Funde aus der Grotta San Leonardo und dem Riparo di Visogliano. Es handelt sich hierbei um sogenannte „Kratzer“, einfache Werkzeuge dessen Fabrikation sich auf Homo Heidelbergensis zurückführen lässt, der die Gegend vor 400.000 bis 220.000 Jahren besiedelte.

Strumento in selce (Paleolitico Inferiore, 450.000 – 80.000 anni fa), provenienza Riparo di Visogliano

Strumento in selce (Paleolitico Inferiore, 450.000 – 80.000 anni fa), provenienza Riparo di Visogliano

Strumento in selce (Paleolitico Inferiore, 450.000 – 80.000 anni fa), provenienza Riparo di Visogliano

Strumento in selce (Paleolitico Inferiore, 450.000 – 80.000 anni fa), provenienza Riparo di Visogliano

Strumento in selce (Paleolitico Medio, 80.000 – 35.000 anni fa), provenienza Grotta San Leonardo

Strumento in selce (Paleolitico Medio, 80.000 – 35.000 anni fa), provenienza Grotta San Leonardo


– STEINZEITLICHER FORTSCHRITT (Mittelsteinzeit)

Die Evolution der einfachen Werkzeuge hin zu komplexeren Formen reflektiert die Wandlung der Lebensweise des Menschen, eingeleitet von einer Verbesserung der klimatischen Konditionen. Man fängt an Steinspitzen zu fabrizieren, um sie auf Stöcke zu montieren, um so Wurfwaffen zu erzeugen die eine selektivere Jagd auf flinkere Beute zuließen. Die Funde zahlreicher Muschel und Schneckengehäusen lassen außerdem darauf zurückschließen, dass neue Werkzeuge wohl dazu verwendet wurden, um diese Schalen zu öffnen. Mittelsteinzeitliche Funde wurden in etwa 15 Karsthöhlen dokumentiert, in der Ausstellung sind unter anderem Fundstücke aus der Grotta della Tartaruga (unweit der Grotta Gigante) zu sehen.

– TÖPFEREI

Verbesserte klimatische Verhältnisse nach dem Ende der letzten Eiszeit leiteten die sogenannte „Revolution“ der Jungsteinzeit ein: Die alten nomadischen und semi-nomadischen Menschen wurden nach und nach sesshafter, und es begann eine Produktive Wirtschaft, die auf Ackerbau und Tierzucht basiert war. Charakteristisch für diese Periode ist das Auftauchen von Keramikobjekten: Gefäße, Vasen, Tassen und Schüsseln, von Hand geformt und zur Zubereitung und Aufbewahrung von Lebensmitteln eingesetzt. In dieser Zeit erlebt der Triester Karst eine stärkere Besiedlung, und die Grotten werden wohl als Wohnräume benutzt, was aus den Funden dieser Keramikartikel zu schließen ist. In der Ausstellung sehen wir einige dieser Funde aus der Grotta Gigante, Grotta die Ciclami, und Grotta della Tartaruga.

– METALLSCHMIEDEREI

Das erlernen der Metallschmiederei wird generell als der Übergangspunkt von Prähistorie zur Protostorie  zur Frühgeschichte angesehen, wo die soziale Organisation sich von Familien- und Clanstrukturen hin zu Staaten mit politischer und juristischer Struktur. Vom Ende der Kupfersteinzeit (ca. 4000 v. Chr.) bis hin zur Eisenzeit (300-200 v. Chr.) erscheinen auf dem Triester Karst die sogenannten „Castellieri“, befestigte Strukturen, meist auf Hügelgipfeln angelegt und mit einer oder mehreren steinernen Befestigungsmauern ausgestattet. Die Menschen, die diese Anlagen bewohnten, lebten von Ackerbau und Viehzucht und errichteten hölzerne Hütten innerhalb der Mauern, von denen jedoch wenig übriggeblieben ist. Die Grotten der Region wurden in dieser Zeit zu Nutzräumen, und weniger zu eigentlichen Wohnräumen, ihr Hauptnutzen bestand wohl als Unterschlupf für Schäfer und ihre Herden. Ausgrabungen aus dieser Zeit fanden tatsächlich eine erhöhte Ansammlung von organischen Resten, die mit der Stallhaltung von Nutzvieh zusammenhängt.

– RÖMER AUF DEM KARST

Im 2. Jahrhundert vor Christus expandierte das Römische Kaiserreich zur Istrischen Halbinsel hin, was den radikalen Wandel der „Castellieri“ Gesellschaft hin zur Bewohnung von Urbanen Zentren zufolge hatte: Die Römer errichteten so „civitas“, Kolonien, und „villae“, Bauernhäuser oder landwirtschaftliche Produktionsgemeinschaften, von denen viele über den Karst hin verteilt waren. Die Grotten wurden weiterhin stark als Unterschlupf für Vieh sowie zur Beschaffung von Ton und Wasser aufgesucht, dies wir durch vielerlei Funde von Tongefäßen, Ölleuchten, Münzen sowie Überresten von Nutztieren belegt, die auf diese Zeit zurückzuführen sind und von denen eine Vielzahl im Museum der Grotta Gigante ausgestellt ist.

Lucerna Firmalampe tipo Buchi Xa, bollo CRESCENS (I-III sec.), provenienza Grotta del Mitreo

Lucerna Firmalampe tipo Buchi Xa, bollo CRESCENS (I-III sec.), provenienza Grotta del Mitreo

Anfora di produzione Italica (I-II sec.), provenienza Grotta del Mitreo

Anfora di produzione Italica (I-II sec.), provenienza Grotta del Mitreo

Dupondio di Antonino Pio, zecca di Roma (151-153 d.C.), provenienza Grotta del Mitreo

Dupondio di Antonino Pio, zecca di Roma (151-153 d.C.), provenienza Grotta del Mitreo


– DER EINGANG ZUM HADES

In den euböischen Fels ist die riesige Grotte gehauen, Der man durch hundert von Schlünden sich naht und hundert geräumige Mündungen“ (…) Vergil, Aeneis, VI, 42-53. So stellte sich der römische Poet Vergil das Totenreich vor: Eine Grotte, die sich auf einer Bergflanke eröffnet. In dieser Weise nahmen diese Eingänge und Schlunde schon im Altertum mystische und esoterische Gestalten an, die eine tief Abergläubische Gesellschaft widerspiegelten. So wurden  Grotten zu Orten auserkoren, in denen man die Toten bestattete (Grotta Preistorica di Duino Aurisina), Opfergaben an die Gottheiten der Unterwelt gebracht (Antro delle Sorgenti di Bagnoli) oder, wie im Falle der Grotte del Mitreo bei Aurisina, man wahre Tempel für die Anbeter des Mitra-Kultes anlegte.

– INVASION DER BARBAREN!

Vom 3. Jahrhundert nach Christi an wurde das alte Tergeste und die umliegenden Gebiete zunehmend von barbarischen Raubzügen heimgesucht: Quadi, Markomannen, Goten und andere Germanische  Stämme verbreiteten Angst und Panik in den Provinzen von Venetia und Histria und brachten die Bewohner dazu gelegentlich die Grotten als Verstecke und Fluchtorte aufzusuchen. Die Funde von mehreren kleineren Schätzen und zusammen Häufungen von Münzen belegen wohl diese turbulenten Zeiten.

– BÄUERLICHES MITTELALTER

Die enorme Zerstörung und darauffolgende Hungersnoten die aus den gotischen Kriegen (535-553) hinausgingen verursachten tiefliegende strukturelle und soziale Veränderungen in der Italischen Landschaft: Während die Urbanen Zentrum sich nach und nach entvölkerten und das Jahrhundertalte römische Straßensystem mangels Wartung zerfiel, und es begann ein neues Kleinbäuerliches, rurales Zeitalter auf dem Karst. Nicht viele Funde existieren aus dieser Zeit, auch wenn eine periodische Nutzung der Grotten als Viehställe möglich erscheint. Im Spätmittelalter, zwischen dem 12. Und 15. Jahrhundert, scheint jedoch die humane Präsenz in den Grotten zuzunehmen (größtenteils Tonscherben), vielleicht durch Flucht vor ungarischen und türkischen Feldzügen.

Maiolica smaltata e invetriata, frammento di parete di brocca (XV sec.), provenienza Grotta del Mitreo

Maiolica smaltata e invetriata, frammento di parete di brocca (XV sec.), provenienza Grotta del Mitreo

Ceramica comune grezza, frammento di olla con decorazione ad onda (XIII-XIV sec.), provenienza Grotta del Mitreo

Ceramica comune grezza, frammento di olla con decorazione ad onda (XIII-XIV sec.), provenienza Grotta del Mitreo


ANGEWANDTE WISSENSCHAFTEN


– GEODÄSIE UND GEODÄTISCHE PENDEL

Die geodätischen Pendel der Grotta Gigante wurden unter der Aufsicht von prof. A. Marussi am Anfang der 60er Jahre installiert und die Deformierung der Grotte und des umliegenden Gesteins zu erforschen, und liefern seit dem Jahre 1960 eine durchgängige Datenreihe. Heute unterliegt diese Installation der Führung von Seiten der geophysischen Abteilung der Universität Trieste und wird von der Professorin C. Braitenberg beaufsichtigt, finanziert unter anderem auch durch Zuschüsse des staatlichen Instituts für Geophysik und Vulkanologie. Die gesammelten Daten repräsentieren die horizontale Verschiebung zwischen zwei Übereinanderliegenden Punkten auf dem Boden und an der Decke der Grotte. Nach ihrer Aufbereitung sind diese Daten im Stande uns wertvolle Aufschlüsse über den langsamen Bewegungen unserer Erdkruste zu liefern. Von einem menschlichen Standpunkt wirkt die Erdkruste, abgesehen von Erdbeben, stabil und unbeweglich, doch ist sie in Wahrheit ständigen, langsamen Deformationen unterworfen: diese Erdkrustenbewegungen schreiten so langsam fort, dass sie nur mit hochsensiblen Instrumenten und über einen großen Zeitraum gemessen werden können. Im Gegensatz zu Seismometern, die nur seismische Schwingungen messen, können die Geodätischen Pendel die permanenten und langsamen Deformierungen der Erdkruste messen, wie zum Beispiel die Einflüsse des Mondes und der sogenannten Erdgezeiten, die tektonischen Bewegung kontinentaler Platten, das Anschwellen des Grundwassers in den Aquiferen des Karstes, sowie auch die schnelleren, durch Erdbeben verursachte Bewegungen. Die Deformationen der Grotte, die am Pendel gemessen werden, können in Folgende Komponente unterteilt werden: Veränderung der Neigung, Scherverformung, Rotation der Grotte sowie horizontale Oszillationen, die durch seismisches Wellen verursacht werden. Der Standpunkt für eine solche Forschung stellt sich Aufgrund der Ruhe und der Umweltlichen Stabilität als perfekt heraus, und so können Daten im messbaren Bereich von einem halben Nanoradianten gewonnen werden. Dem Besucher der Grotte präsentiert sich das Geodätische Pendel als zwei lange Plastikschläuche, die von der Höhlendecke aus ins Dach einer sich auf dem Höhlenboden befindlichen Hütte verschwinden. Die eigentlichen Pendel befinden sich jedoch in der Hütte verstaut, wo sich die gesamte Wissenschaftliche Anlage befindet, während die beiden Plastikschläuche lediglich die dünnen Drähte schützen, mit denen das Pendel mit der Decke verbunden ist. Jedes Pendel besteht aus einer 1,5 Meter langer Eisenstange die sowohl mit der Decke als auch mit dem Höhlenboden mit zwei Drähten verbunden ist. Jedes Pendel kann dadurch frei in einer horizontalen Ebene um eine virtuale Achse herum rotieren die durch die beiden Aufhängepunkte verläuft. Die beiden Pendel sind auf 90° zueinander ausgerichtet (Orientierung N-S und O-W), sodass mehrere Deformierungskomponente gemessen werden können, diese äußern Rotationen der beiden Pendel. Zwei Lichtschranken messen den Winkel zu einem am Pendel angebrachtem Spiegel, und die so gewonnen Daten werden mittels Glasfaserkabel an die Wissenschaftler weitergeleitet.

– OBSERVATIONEN UND STUDIEN DER GEODÄTISCHEN PENDEL

Mit den von den Pendeln aufgenommen Daten wurden konnten einige der stärksten in modernen Zeiten registrierten Erdbeben studiert werden, unter anderem die starken Erdbeben von Chile aus den Jahren 1960 und 2010 (Stärke 9,5 und 8,8) sowie das Erdbeben von Sumatra aus dem Jahre 2004 (Stärke 9.3). Diese Ereignisse verursachten ein großes Leid, ließen aber auch Studien der freien Oszillationen der Erde zu. In dieser Hinsicht sind die Instrumente der Grotta Gigante die einzigen Weltweit mit denen das Chile Erdbeben von 1960 (das stärkste jemals gemessene Beben) mit jüngeren Beben verglichen werden kann. Eine nicht abreißende Datenreihe seit den 60er Jahren lassen zudem das Studieren langfristiger Trends der Bewegung kontinentaler Platten zu: Die Messungen bestätigen eine Bewegung der Erdkruste in Richtung Nord-West, was das Wandern der Adriatischen Platte zu der Eurasischen Platte hin sowie die Dynamiken der Alpinen Orogenese widerspiegelt. Die Neigungen der Grotte finden auch in Jahreszeitlichen Zyklen statt, mit einer maximalen Orientierung Richtung Süd-West in November und nach Nord-Ost im März. Diese Oszillationen können auch auf tektonischen Spannungsaufbau hindeuten: In den 3 Jahren vor dem großen Erdbeben von Friaul im Jahre 1976 maß man Anomalien, die sich mit dem Auftreten des Bebens legten und somit mit dem Beben in Zusammenhang gebracht wurden (Zadro 1978, Bonafede et al. 1986). In Zukunft könnten solche Anomalien somit als Warnsignale gedeutet werden. Ähnliche Messstationen auf großer Skala wie die Geodätischen Pendel der Grotta Gigante existieren heute in Japan, Kalifornien und in Belgien.

– ÜBERWACHUNG VON SEISMISCHER AKTIVITÄT

Die Anfänge der Sammlung seismischer Daten in Trieste durch das „Osservatorio Marittimo“ gehen auf den Beginn des 19. Jahrhunderts zurück, wurden jedoch bald durch den Ausbruch des ersten Weltkrieges unterbrochen. Nach 1931 nahm das Triester Geophysische Institut die Messungen zuerst am Campo Marzio im Stadtzentrum wieder auf, die Messtation wurde dann im Jahre 1963 letztendlich in die Grotta Gigante verlegt – dies stellte sich als ein idealer Ort heraus, denn tief im soliden Kalkstein erfahren die Instrumente relativ wenige Störungen von aussen. Das ehemalige Geophysische Institut trägt seit 1989 seinen aktuellen Namen INOGS – Nationales Institut für Ozeanografie und experimenteller Geophysik und kümmert sich gegenwärtig um die Auswertung der Daten. Die ersten Seismografen, die vom Amerikanischen Geophysischen Dienst (USGS) erstmals installiert worden bestanden erstmals aus drei Modellen des Benioff-typs (um nahe liegende Erdbeben aufzuzeichnen) sowie drei Modellen des Ewing-Press typs, um weit entfernt liegende Erdbeben zu erkennen. Diese Instrumente wurden im Jahr 1996 mit drei digitalen Breitband-Sensoren des Streckeisen-typs ausgestattet die das Erkennen von lokalen sowie weit entfernten Erdbeben ermöglichen. Alle gesammelten Daten werden seit jeher sofort zum OGS übertragen, dass sich um die Auswertung und die Archivierung kümmert.

FLORA UND FAUNA


– UNTERIRDISCHE LEBENSFORMEN

Grotten bilden extreme Lebensräume für die Tier- und Pflanzenwelt. Der entscheidende Faktor ist das totale Fehlen von Licht, was Pflanzenleben nur in der nähe der Eingänge ermöglicht und nur speziellen, angepassten Tierformen das Überleben sichert.

– FLORA

Von den Höhleneingängen aus zu immer dunkleren Zonen hin werden Pflanzen immer kleiner und einfacher bis sie in der totalen Absenz von Licht letztendlich ganz verschwinden. In diesem Sinne kann zwischen verschiedenen Vegetationszonen unterschieden werden: 1. Eingangsregion: Gut beleuchtet und wechselnder Temperatur und Feuchtigkeit ausgesetzt, es finden sich höhere Pflanzen wie der gemeine Efeu. 2. Innere Eingangsregion: Mit weniger Licht zur Verfügung überwiegen vor allem Farne.  3. Übergangsregion: Weiter Richtung Dunkelheit gehend nehmen die Farne ab und es finden sich vor allem Moose, bis diese mikroskopischen Algen weichen (cianoficee).  4. Dunkle Zone: Die Temperatur und Feuchtigkeit werden konstant und die totale Dunkelheit macht das Pflanzenwachstum unmöglich. Nur einige Pilze und andere Mikroorganismen können hier überleben.

– FAUNA

Die Dunkelheit und die Abwesenheit von Pflanzen (die die Basis der Nahrungspyramide herstellen) bedeutet, dass die einzig vorhandene Nahrung in Grotten zwangsläufig von außen hineinkommen muss, etwa durch Wasser, Luft oder Tieren. Einige Tiere haben sich jedoch an das Leben in der Dunkelheit anpassen können, und so kann es sein, dass ein Aufmerksamer Besucher auch in der Grotta Gigante einem der 30 dort vorhandenen Arten über dem Weg läuft. Es handelt sich bei ihnen fast auschließlich um Wirbellose, mit der Ausnahme gelegentlicher Besuche durch Fledermäuse oder Rotschwänzen (einer Singvogelart, die Höhleneingänge als Nistplätze aufsucht). Nicht alle Tierarten die Grotten aufsuchen sind auf gleicher Weise mit ihr verbunden – auch hier unterscheiden wir verschiedene Kategorien: Trogloxene Fauna: Tiere die Grotten häufig aufsuchen, aber nicht auf sie für ihr Überleben angewiesen sind. Troglophile Fauna: Diese benutzen Grotten in einem bestimmten Moment ihres Lebenszyklus wie es zum Beispiel einige Fledermausarten tun. Troblobionte Fauna: Tiere, die ausschließlich in Höhlen leben und diese nur durch Zufall verlassen. Sie sind sehr empfindlich gegenüber Umweltveränderungen, und zeichnen sich oft durch eine starke Anpassung aus, wie etwa fehlende Pigmentierung, Verlängerung von Antennen, Tastfühlern und Gliedmaßen, sowie dem fehlen eines ausgezeichneten Tag/Nacht- oder Jahresrythmus. Der einzige wahre nichtwirbellose Troglobionte auf dem Triester Karst ist wohl der Grottenolm, einem augenlosen Amphibium dessen Verbreitungsgebiet sich vom Karst von Gorizia über das Dinarische Gebirge bis nach Montenegro in erstreckt.